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21.10.2019
Die kompletten Sonntagsseiten in Farbe 1935–1944

Taschen Verlag: George Herrimans "Krazy Kat“

Taschen Verlag: George Herrimans "Krazy Kat“

Geistreich, absurd, surreal – mit Krazy Kat hat George Herriman Anfang des 20. Jahrhunderts einen zeitlosen Comicklassiker geschaffen und gezeigt, zu welchen Höhenflügen das noch junge Medium fähig ist.

Ab Mitte der 30er-Jahre erschienen die bis dahin nur in Schwarz-Weiß veröffentlichten Geschichten als farbige Wochenendbeilage. Krazy Kat erschien von 1913 bis zu Herrimans Tod 1944.

Dieser Band enthält alle Krazy-Kat-Geschichten in Farbe aus den Jahren 1935–1944 und eine ausführliche Einleitung von Comicfachmann Alexander Braun, der Herrimans multi-ethnischen Background beleuchtet und dem Außergewöhnlichen dieses zeitlosen Gesamtkunstwerkes um eine verliebte Katze nachspürt.

George J. Herriman wurde am 22.8.1880 in New Orleans geboren. Er war das älteste von vier Kindern. Seine Vorfahren waren Kreolen, Nachkommen von Einwohnern der französischen Karibik-Kolonien. Herriman hielt seine Herkunft geheim, da diese Anfang des 20. Jahrhunderts durchaus ein Problem sein konnte. Das er mehrere Sprachen beherrschte, war daher von Vorteil. Er war mit Mable verheiratet und hatte zwei Töchter.
1886 zog die Familie nach Los Angeles wo Herriman einen Job beim Los Angeles Herald fand. Außerdem verdiente er sich sein Geld als Plakatmaler und verkaufte erste Cartoons u.a. an Pulitzers New York World. Nach weiteren Jobs landete Herriman 1904 bei Hearst, für dessen Zeitungen diverse Geschichten entstanden. Er hielt an seinen Figuren aber nie lang fest und so erschien im Juni 1910 erstmals THE DINBAT FAMILY, in der nur drei Monate später Krazy Kat und Ignatz Mouse als Protagonisten auftauchten. Die Gags um Katze und Maus kamen sehr gut an und so bekam Krazy Kat einen eigenen Tagesstrip. Der Rest ist Comicgeschichte.
Fazit: Das wirklich besondere und beeindruckende an Herrimans KRAZY KAT ist die Art und Weise, wie der Autor seine Gags über mehrere Jahrzehnte immer wieder sehr einfallsreich neu variiert hat, denn die Grundidee seiner Reihe ist sehr einfach. Hauptfiguren sind die Katze KRAZY KAT, die Maus IGNATZ MOUSE und der Hund OFFICER PUPP. Die Katze liebt die Maus. Die Maus kann aber mit der Zuneigung der Katze nichts anfangen. Im Gegenteil, sie beantwortet die Annäherungen der Katze mit Abscheu und wirft der Katze daher ständig Ziegelsteine an den Kopf. Die Katze versteht das, fälschlicher Weise, als Gegenliebe der Maus. Hund Officer Pupp ist wiederrum chancenlos in die Katze verliebt. Da ihm das sehr wohl bewusst ist, sieht er es als seine mindeste Aufgabe an, die Maus daran zu hindern, dass diese seiner angebeteten Katze Steine an den Kopf wirft. Notfalls wird die Maus auch schon mal in eine eigens für sie geschaffenes Gefängnis weggesperrt oder anderweitig aus dem Verkehr gezogen.
Die Serie startete mit KRAZY KAT-Tagesstreifen, die sich beim Publikum großer Beliebtheit erfreuen konnten. Bei Herrimans Sonntagsseiten sah das dann allerdings aufgrund der sehr ungewöhnlichen Gestaltung ganz anders aus. Herriman hatte das große Glück, dass Medien-Tycoon Hearst einen Narren an der Serie gefressen hatte und dem Autor von KRAZY KAT einen Vertrag auf Lebenszeit offerierte. Ein Angebot, dass kein Autor vor oder nach ihm von Hearst bekam. Hearts wies die Redaktionen seiner Zeitungen sogar an, die nicht überall beliebt Serie abzudrucken. Herriman nutzte diese einzigartige Vertragssituation, die Möglichkeiten des Mediums radikal auszuschöpfen und alle formalen Grenzen zu sprengen.
Wie auch immer liegt das für und wider, was die Qualität einer Serie betrifft, immer im Auge des jeweiligen Betrachters. Für die Serie und Herriman spricht, dass er dem jungen Medium Comic Fans aus Milieus einbrachte, die man nicht unbedingt für comicinteressiert gehalten hätte: Gertrude Stein, F. Scott Fitzgerald, Pablo Picasso, James Joyce, US-Präsident Woodrow Wilson, Jackson Pollock, Charlie Chaplin, Frank Capra, P.G. Woodehouse und Willem de Kooning waren allesamt bekennende KK-Fans.
1923 hatte der Kulturwissenschaftler Gilbert Seldes (1893-1970) in einem Artikel für Vanity Fair die Ausnahmestellung von George Herriman für die amerikanische Kultur unterstrichen.
Und obwohl KRAZY KAT nur in relativ wenigen Tageszeitungen abgedruckt wurde gilt die Serie als Meilenstein der Comic-Geschichte.
Herriman verstarb am 25.4.1944 im Alter von 63 Jahren.

Der Autor: Alexander Braun (Jahrgang 1966)
Braun ist bildender Künstler mit zahlreichen Auszeichnungen, Stipendien und Ausstellungen. Neben seiner freien künstlerischen Tätigkeit studierte er Kunstgeschichte in Bochum und Berlin (Promotion 1996 zum Werk des amerikanischen Installationskünstlers Robert Gober). Braun hat in den letzten beiden Jahrzehnten eine der umfangreichsten Sammlungen zur Geschichte der Comics zusammengetragen. Seit 2008 kuratierte er zahlreiche Museumsausstellungen zum Thema, darunter 2012/13 die umfassende Retrospektive zum Werk von Winsor McCay. 2011 gründete er die German Academy of Comic Art.

Der Taschen Verlag hat mit „The Complete Krazy Kat 1935-1944“ wieder ein beeindruckendes Buch im XL-Format veröffentlicht. Auch diese Publikation ist wieder ein unschätzbares Referenzwerk für jeden Comic-Fan.

Autor: Michael Hüster