In kurz gehaltenen, jeweils wenige Seiten umfassende Biographien, schildert sie Erwartungen, Enttäuschungen, dramatische Entwicklungen und erfreuliche Lebenslinien einzelner Menschen. Sie dokumentieren ein große Bandbreite an Emotionen.
Es ist erstaunlich, wie konkret Weyhe diese individuellen Schicksale in dieser minimalen Länge auf den Punkt zu bringen weiß! Es sind Schicksale darunter, die schwermütig, aber bisweilen auch leichtfüßig und heiter, zu einem Fazit führen; Menschenrechtsverletzungen aufzeigen, geplatzte Träume thematisieren; die überhaupt den Mensch als Individuum einerseits und doch so gleich in seiner „Seele“ andererseits charakterisieren. Und immer schwingt darin die Sehnsucht nach Geborgenheit, Heimat, Anerkennung und Selbstbestimmung mit. Migration ist ein Thema, Kriegserfahrungen, familiäre und gesellschaftliche Herausforderungen sowie kulturelle Eigenarten. Weyhe spannt die einzelnen Episoden von den Jahren des 2. Weltkrieges bis ins Heute. Facettenreich und bunt zusammengewürfelt. Traurig und humorvoll.

Jedes Schicksal, jede Linie im einzelnen Leben, hat eine eigene Kolorierung in den einfachen, aber aussagekräftigen Zeichnungen. Diese sind eher aufs Wesentliche beschränkt. Dabei jedoch sehr abwechslungsreich dargestellt.

Es ist kein Comic mit einer spannenden Handlung und mit einem Helden, der für das Gerechte kämpft. Eher ist es ein in Bildern gefasstes Kaleidoskop, das für Toleranz und Verständnis plädiert. Denn diese Graphic Novel bietet einen so noch selten zu findenden Einblick in persönliche Werdegänge der einzelnen Menschen auf der ganzen Welt. Im Grunde ist keiner ein ausgewiesener Sonderfall. In der Summe aber schließt sich der Kreis: Es sind Lebenslinien, die jede für sich eigentlich typisch für uns alle sind, bzw. sein können! Ein Comic mit tiefem Gefühl für unser aller Mensch-sein.

Lebenslinien
Text und Zeichnungen: Birgit Weyhe
120 Seiten
avant-verlag
20,00 Euro