Schon beim Aussteigen aus dem Flugzeug findet sie sich von aufdringlichen Journalisten belästigt, die sie nicht nur mit unverschämten Forderungen nach einem schönen Foto nerven. Doch auch sie ist alles andere als eine gemäßigte Persönlichkeit. Ihr Hotel passt ihr nicht. Dies und das findet sie furchtbar, sodass sie noch am Tag des Eincheckens ein anderes bucht. Männer umschwirren sie, das ist sie gewohnt. Journalisten trachten danach, irgendeinen Skandal von ihr zu finden, um ihn dann bei einer Zeitungen teuer honoriert veröffentlichen zu lassen. Ihr Mann Frank Sinatra, von dem sie sich gerade scheiden lässt, setzt ihr emotional zu, weil er immer wieder anruft und sie sogar am Telefon nichts anderes tun, als sich zu streiten. Als auch noch ihr gegenwärtiger Verehrer Howard Hughes unvermittelt auftaucht und er wieder eine Abfuhr bekommt, rastet er aus. Ava wehrt sich mit einem schweren Aschenbecher. Ein gefundenes Fressen für die Presse, käme das heraus. Doch sie hat Freunde und Beschützer.
Doch zu allem Ungemach ist sie am Rande auch noch in eine Erpressung involviert. So dass sie sich fühlt wie in einem Roman von Kafka.
Die Story schrieb Emlio Ruiz, der u.a. auch mit Anna Miralles die Graphic Novel „Auf der Suche nach dem Einhorn“ kreierte. Die Handlung beschränkt sich auf eine kurze Zeitspanne, in der Ava Gardner in Brasilien weilt. Sie enthält viel Text, ist aber nicht langatmig. Ein paar Nebenhandlungen, mit denen es die Schauspielerin dann auch zu tun bekommt, gehen in die nachfolgenden Episoden über. Auch ein paar sehr kurze Rückblenden aus ihrer Erinnerungen ergänzen das Verständnis. Die Geschichte ist grundsätzlich geradlinig erzählt, ein Spannungsaufbau ist latent vorhanden, wenn man vielleicht die Gewaltszenen mit Howard Hughes so betiteln möchte.
Die Zeichnungen sind ohne zu übertreiben sehr ästhetisch und facettenreich! Vor allem die Stadtansichten, die Totaleinstellungen mit Zuckerhut, Copacabana, die historischen Gebäude, die Mode und die Fahrzeuge bilden das Design eines Hollywoodschinken dieser Zeit ab. Sparsame erotische Darstellungen sind zu bestaunen. Die vielfältigen Gesichtsausdrücke der Gardner sind gekonnt gezeichnet; und auch die Farbgebung passt wunderbar zu dieser Graphic Novel. Die Künstlerin beweist hier wiederholt ihre Affinität und Meisterschaft hinsichtlich historischem und exotischem Flair! Einfach sehr schön anzuschauen!
Ava, die barfüßige Gräfin, besticht durch eine eher ruhige, höhenpunktarme Handlung. Die aber umso mehr mit feinen Zwischentönen und geschichtlich relevanten kurzen Informationen punktet. Denn auch Gesellschaftskritik und Kritik an damaligen politischen Zuständen sind fast unmerklich im Kontext mit dabei!
Ein zeichnerisch sehr beeindruckendes und wohl in Teilen biografisches Werk einer jener klassischen "Göttinnen" von Hollywood!
Ava - Die barfüßige Gräfin
112 Seiten
Schreiber und Leser
24,80 Euro
Autor: Rolf Pressburger