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20.05.2021
Comic History

1946 - 2021: 75 Jahre Lucky Luke

1946 - 2021: 75 Jahre Lucky Luke

Der Mann, der schneller schießt als sein Schatten, reitet schon seit 75 Jahren durch den Wilden Westen

Wir befinden uns im Dezember 1946: der Verlag Dupuis veröffentlicht den „Spirou-Almanach 1947“. Auf den 128 Seiten des Kalenders für das Jahr 1947 (im Albenformat) tummelten sich die Comicfiguren einer neuen Zeichnergeneration (Paape, Franquin, Morris). Es war die Premiere für die erste veröffentlichte Lucky-Luke Geschichte mit dem Titel „Arizona 1880“. Auf Seite 3, im letzten Bild, hat der neue Held seinen ersten Auftritt. Aus heutiger Sicht wirkt er wie eine Karikatur seiner selbst. Er trägt noch keine schwarze Weste und das gelbe Hemd ist kariert. Dafür trägt er bereits den weißen Stetson und um seinen Hals ein rotes Halstuch. Auch Jolly Jumper ist schon mit von der Partie. Es fällt auf, dass die Figuren sehr rund gezeichnet sind, ein typisches Merkmal der damaligen Trickfilme. Morris erklärte dazu, dass seine Leidenschaft für bewegte Bilder ihn beim Entwurf von Lucky Luke doch sehr stark an den Zeichentrickfilm denken ließ. 1947 folgte dann die erste Lucky Luke-Story im Spirou-Magazin: „Die Goldmine von Dick Digger“ (Album erschien 1949 bei Dupuis als Band 1 der Serie).

In Deutschland begegnete Lucky Luke den Lesern erstmals im Dezember 1958 in „Der heitere Fridolin“. Von diesem Zeitpunkt an war der Westernheld fester Bestandteil der deutschen Comic-Magazine, von denen hier besonders Lupo Modern, Tip Top, Primo, ZACK und YPS zu nennen wären. 1972 startete der Koralle-Verlag eine Albenreihe, die nach vierzehn Ausgaben ab 1977 (Band 15 „Die Postkutsche“) vom Egmont-Ehapa-Verlag fortgesetzt wurde und noch heute dort erscheint.

Die Abenteuer von Lucky Luke wurden für viele Real- und Trickfilme erfolgreich für das Kino und TV adaptiert.

Während einer USA Reise 1949 lernte Morris in Wilton/Connecticut den 23jährigen René Goscinny kennen. Es gab viele Gespräche, durch die sich zwischen Morris und Goscinny eine Freundschaft unter Gleichgesinnten entwickelte. Damals entstand die Idee, gemeinsam an Lucky Luke zu arbeiten.

Die hohe Arbeitsbelastung veranlasste Morris dazu, die in den USA entwickelte Idee umzusetzen und Goscinny die Zusammenarbeit an Lucky Luke anzubieten. 1955 erschien mit Goscinny als Szenarist die erste gemeinsame Story: „Die Eisenbahn durch die Prärie“. Dieses war der Beginn einer langen Freundschaft und Zusammenarbeit. Goscinny war künftig für die Gags und das gesamte Szenario zuständig. Dadurch nahm die Qualität der Geschichten deutlich zu, die Witze häuften sich und durch die Verwendung historischer Personen und Ereignisse wurden die Storys realistischer.
Morris konnte sich nun vollständig auf das Zeichnen konzentrieren. Er hatte viel mehr Zeit, sich intensiv mit dem Seitenaufbau und den Bildinhalten zu befassen. Das führte natürlich zu einer weiteren Verbesserung der Geschichten in visueller Hinsicht.


Im Laufe der Zeit wurde das Duo Morris/Goscinny ein sehr gut eingespieltes Team. Morris hatte bereits für eine gewisse Entwicklung in seinen Geschichten gesorgt, indem er die Western-Dekoration um seine Helden aufbaute. Schon in den ersten Lucky Luke-Storys tauchten die typischen Blockhäuser auf, die Saloons, die Planwagen und Trecks, die durch die unendlichen Landschaften zogen, in denen sich sonst nur Gesetzlose und Geier herumtrieben. René Goscinny verfeinerte diese Hintergründe durch liebevolle und gut beobachtete Details. Er brachte die neuen Berufe ins Spiel, die sich durch die Eroberung des Westens so ergaben: Treckführer, Postkutschenfahrer, Postreiter, Scouts, Cowboys, Erdölsucher und andere.

Lucky Luke ist eine Parodie der amerikanischen Pioniergeschichte und des Western-Kinos „Made in Hollywood“. Lucky Luke ist ein Cowboy, der allerdings nie dazu kommt, sich um Rinder zu kümmern, denn er muss der Gerechtigkeit zu ihrem Sieg verhelfen. Er schlägt sich mit Viehdieben, Falschspielern und Banditen herum und begegnet wahren Persönlichkeiten der Pioniergeschichte. Lucky Luke ist anspruchslos, ehrlich und hat Sinn für Humor.


 

 

Lucky Luke ist heute noch so aktuell wie vor 75 Jahren. Dazu trugen sicher auch Autoren wie Bob de Groot, Lo Hartog van Banda und besonders Fauche/Léturgie bei, mit denen Morris seit dem Tod von Goscinny arbeitete und deren Szenarien den Abenteuern von Lucky Luke das gewisse Etwas verliehen.

Nach dem Tod von Morris übernahm Achdé die zeichnerische Gestaltung der neuen Lucky Luke-Geschichten, die grafisch ganz im Stil von Morris gehalten sind. Und so wird Lucky Luke, auch dank neuer Szenaristen wie Pennac, Benacquist, Gerra, Pessis oder Jul, noch lange für seine Fans Abenteuer erleben und am Ende jeder Geschichte singend der untergehenden Sonne entgegen reiten: „I’m a poor lonesome cowboy and a long way from home…“

Bilder: (c) Egmont Lucky Luke Comics 2021

Autor: Michael Hüster