Ende der 1940er-Jahre ließ das Kreativgespann Jean-Michel Charlier und Victor Hubinon (Buck Danny) für die frankophonen bandes dessinées die französische Variante des Kaperfahrers vom Stapel. Die ohne Unterbrechung von November 1949 bis Juni 1952 im Spirou-Magazin veröffentlichte Biographie des Korsaren Robert Surcouf (1773–1827) geriet zum monumentalen Unterfangen. Im Mittelpunkt der in Deutschland nun endlich zur Veröffentlichung kommenden Serie „Surcouf“ steht das abenteuerliche Leben des in Saint-Malo beheimateten Korsaren-Kapitäns, der zur Zeit der Revolutionskriege der englischen Flotte schwere Verluste zufügte.
Charlier und Hubinon erzählen das abenteuerliche Leben des legendären Kaperers in temporeichen Geschichten, die auch heute noch faszinieren. Ihre Leidenschaft für das Mantel und Degen-Genre lebten sie zehn Jahre nach Surcouf in dem Comic-Klassiker „Der rote Korsar“ weiter aus.
Wer Piratengeschichten oder die ersten Bände von Der Rote Korsar mag, dem wird auch Surcouf gefallen. Der Leser sollte sich Zeit nehmen, um die textintensive Lebensgeschichte von Surcouf zu lesen. Insgesamt drei albenlange Geschichten enthält die Gesamtausgabe des All Verlags.
Dieser Comic passt zu den Comic-Biografien berühmter Männer, ein Genre, das in den Nachkriegsjahren in Frankreich und Belgien sehr in Mode war. Die über Surcouf war sicherlich einer der gelungensten, sowohl grafisch als auch erzählerisch. Hubinon zeigte bereits großes Talent, Segelschiffe zu zeichnen, und Charlier verherrlichte den Korsaren aus St. Malo auf sehr abenteuerliche Weise als einen wahren französischen Helden. Charliers gelungenes Szenario wird von Hubinon in einer eleganten und dynamischen Grafik umgesetzt, in der große Seeschlachten, blutige Enterungen, gnadenlose Duelle und Angriffe im Vordergrund stehen.
Ansgar Lüttgenau über die Arbeiten an der Gesamtausgabe: „Wir haben die alten Alben aus den 50er Jahren besorgt und eingescannt und dann aufwändig restauriert. Die abgebildeten Cover stammen von den drei Alben aus den 1950er Jahren.
Die letzte Französische Veröffentlichung stammt aus den 1980er Jahren. Da sie von schlechter Qualität war, haben wir auf die Erstausgabe aus den 1950ern als Vorlage zurückgegriffen.“
Die Franka-Gesamtausgabe 3 stellt nochmals eine Steigerung da. Neben den drei albenlangen Geschichten Mörderische Konkurrenz, Gangsterfilm und Der Flug der Atlantis sowie vier Kurzgeschichten bietet der Band einen sehr umfangreichen redaktionellen Teil von Volker Hamann, der zu beeindrucken weiß. Schon beim ersten Durchblättern ist man von der Fülle der Hintergrundinformationen und den vielen Bildern begeistert. Neben den bekannt schönen Drucken von Henk Kuijpers gibt es jede Menge Covervariationen zu sehen, die im Laufe der Jahre gewechselt haben.
Franka, die Hauptfigur der Serie, ist eine attraktive, elegante, intelligente, dynamische, unabhängige, emotionale und, besonders in den neueren Alben, sehr erotische Frau, die nicht mit ihren weiblichen Reizen geizt: genau die Qualitäten, die eine Figur benötigt, um ein ‚Leading Character‘ für eine Handlung zu sein. In der Regel sind die Gegner ebenfalls, wie sie selbst, sportliche Powerfrauen. Kuijpers lässt seine Heldin gerne reisen. Bevorzugte Ziele sind exotische asiatische Orte oder die Karibik.
Die dritte Gesamtausgabe eröffnet den Abdruck der albenlangen Geschichten mit dem Franka-Abenteuer „Mörderische Konkurrenz“, ein Fashion-Thriller, der in der Modewelt spielt: Laura Lava will Mode-Designerin werden. Dafür arbeitet sie hart, doch der Weg zum Erfolg ist steinig und ohne Beziehungen chancenlos. Da macht ihr die alternde Modezarin Madame Maude ein überraschendes Angebot, aber Laura Lava lässt sich nicht erpressen. Das erweist sich als lebensgefährliche Entscheidung. Denn niemand sagt ungestraft "nein" zu Madame Maude und so wird Laura zum Opfer krimineller Machenschaften…
Kuijpers überzeugt wie immer durch eine spannende Handlung und schöne, detaillierte und einfallsreiche Zeichnungen.
Die weiteren Neuheiten: Wie bereits in der Titelzeile genannt, gibt es zwei neue Alben von der Erfolgsreihe Wunderwaffen. Weitere Fortsetzungen gibt es von Yalek, Don Lawrence, Bang Bang (Erotik) und Luc Orient. Auch die lange erwartete erste Ausgabe von Section R können die Leser nun ordern.
Winterliches gibt es von Mittéï in Weihnachtsgeschichten. Zeit seines Lebens war der belgische Autor (Die Minimenschen, Oma Pfiffig) und Zeichner (Die Abenteuer der 3A) Jean Mariette, der unter dem Künstlernamen Mittéï bekannt geworden ist, von der weihnachtlichen Stimmung fasziniert.
Während seiner Tätigkeit für das Comicmagazin Tintin in den 1960er-Jahren wurde Mittéï quasi zum „Weihnachtsmann“ der Zeitschrift. Er gestaltete etliche stimmungsvolle Cover, steuerte winterliche Illustrationen für die Rubrik »Tintin-Auto« bei und schuf neun Kurzgeschichten zum Thema, darunter eine Adaption von Charles Dickens’ Eine Weihnachtsgeschichte. All diese Arbeiten finden sich nun in Form eines schmucken Albums vereint.
Einen weiteren Serienstart gibt es mit Red Sonja. Im Jahr 1973 schufen Roy Thomas und Barry Windsor-Smith mit der Schwertkämpferin Red Sonja eine Ikone des Fantasy-Comics, die sie dem muskelbepackten Barbaren Conan als ebenbürtiges, weibliches Gegenstück zur Seite stellten. Inspiriert wurde die feurige Rothaarige von der ebenso wohlproportionierten wie blutrünstigen Roten Sonya von Rogatine, die einer historischen Erzählung von Conan-Schöpfer Robert E. Howard entstammt.
Autor: Michael Hüster