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12.06.2020
All Verlag: „Die neuen Abenteuer von Bruno Brazil + Lady S."

Ein Interview mit Zeichner Philippe Aymond

Ein Interview mit Zeichner Philippe Aymond

Zeichner Philippe Aymond (Jahrgang 1968) ist den ZACK-Lesern wohlbekannt. Mit Lady S. (ZACK 118-121, ZACK-Edition) und Highlands (ZACK 181, ZACK 183-186) war er wiederholt in ZACK-Publikationen präsent.

Philippe Aymond entdeckte die Comics schon im vierten und fünften Lebensjahr. Den allerersten Comic, den er jemals gelesen hat, hatten ihm seine Eltern gekauft: ein “Mickey Mouse” – Heft. Und so lernte er zunächst die berühmten Disney-Charaktere kennen. Es folgten Flash Gordon (von Dan Barry), Mandrake und viele andere Comic-Storys. Im Alter von sechs Jahren entdeckte er die Tintin-Abenteuer von Hergé und das Tintin-Magazin mit vielen sehr schönen Geschichten. Aymond liebte die Greg-Serien, insbesondere Comanche, Bruno Brazil und Luc Orient. Und einige der damals neuen Serien wie Thorgal und Arlequin von einem jungen Szenaristen namens Jean van Hamme.

Hermann und Jean Giraud (mit Blueberry) waren seine Lieblingszeichner während der Teenagerzeit. Schließlich entdeckte er Milton Caniff und sein eher einfacheres Artwork in klarem s/w in Comics wie „Terry and the pirates“ und „Steve Canyon“.  

Aymond studierte nach dem Abschluss seiner Schulzeit an der Pariser Universität Saint-Charles Bildende Künste. 1989, er stand kurz vor seinem Kunstlehrerexamen, bekam er ein Angebot von Jean-Claude Mézières und Pierre Christin, in deren Studio mit Labiano und Capelle an der Comic-Serie “Canal Choc” zu arbeiten. Das war die lange erhoffte Chance für Philippe, seinen Kindheitstraum in die Realität umzusetzen. Es folgten diverse Arbeiten für Serien und One-Shots wie Canal Choc, L’homme qui fait le tour du monde, Les 4x4, Les Voleurs de ville, A.D. Grand-Rivière und ApocalypseMania. 2003 erhielt er dann von Dupuis das Angebot, mit Jean van Hamme an dessen neuer Serie Lady S. zu arbeiten. Nach dem Rückzug von van Hamme ist er neben den Zeichnungen auch für das Szenario zuständig. Jeweils im Wechsel mit Lady S. arbeitet er als Zeichner an den neuen Abenteuern von Bruno Brazil (Szenario: Bollée) von denen Band 1 gerade im All Verlag erschienen ist.

Das Interview mit Philippe Aymond führte Michael Hüster im Dezember 2019.

Hallo Philippe. Ich war sehr erfreut, als ich erfuhr, dass du als Zeichner für die neuen Abenteuer von Bruno Brazil verpflichtet wurdest. Du hattest in unserem damaligen Interview erwähnt, dass du ein großer Fan der alten Greg-Serien wie Comanche, Bruno Brazil und Luc Orient warst. Wie kam es dazu, dass du bei Bruno Brazil (Lombard) eingestiegen bist?
Philippe Aymond: Das war eine Idee von LF Bollée, der ebenfalls ein großer Fan von Greg ist. Er ist ein alter Freund von mir (wir haben die ApocalypseMania-Saga zusammen gemacht). Eines Tages sagte er mir, dass er einen Storyentwurf für eine neue Bruno Brazil-Episode geschrieben hat, in der er erzählt, was aus dem berühmten Kommando Kaiman nach Episode 9 geworden ist. Ich fand, dass das eine sehr gute Idee war. Ich habe dieses letzte Abenteuer von Bruno Brazil im „Le journal de Tintin“ gelesen, als ich noch ein Kind war, und ich habe es immer bedauert, dass Greg nie eine Fortsetzung geschrieben hat.

Hast du alle Alben der Serie „Bruno Brazil“ gelesen, bevor du das erste Album gezeichnet hast? Was gefällt dir an den Brazil-Storys?
Philippe Aymond: Nein. Ich kenne alle alten Geschichten noch sehr gut und ich habe sie in meiner Jugend oft gelesen. Das was mir am meisten gefällt, ist der 70er-Jahre-Stil: z.B. die Kleidung, die Autos, die Häuser und deren Inneneinrichtungen…da macht das Zeichnen richtig Spaß.

Die Brazil-Klassiker waren jeweils abgeschlossene Abenteuer in einem Band. Band 1 der neuen Abenteuer hat eine Fortsetzung. Wie viele Bände wird der neue erste Bruno Brazil-Zyklus umfassen?
Philippe Aymond: „Black Program“ besteht aus zwei Bänden. Danach, falls wir weitermachen, werden es wohl Oneshots werden, denke ich.

Du bist nun schon eine ganze Zeit mit Lady S. im Agentenmilieu unterwegs. War das jetzt bei deiner Arbeit an Bruno Brazil hilfreich?
Philippe Aymond: Nein, das war es leider nicht. Lady S. ist eine zeitgenössische Serie und Brazil ist ein Klassiker, der in der Vergangenheit spielt. Das sind zwei sehr unterschiedlich Geschichten. Und der Spirit der Storys ist ebenfalls anders. Lady S. hat mehr einen „John le Carré-Spirit“ und Brazil ähnelt „James Bond“. Und dass war auch der Grund, warum ich zusagte, an neuen Brazil-Geschichten mitzuarbeiten. Es hätte mich nicht gereizt, die gleichen Dinge in zwei verschiedenen Projekten zu machen.

Das aktuelle Szenario schließt zeitlich an das letzte Greg-Abenteuer an. Auch zeichnerisch knüpft das Abenteuer an den Stil der 1970er an. Fast alles wie gewohnt…
Philippe Aymond: Ich wollte auch nichts ändern. Die einzige Änderung ist, dass mein Zeichenstrich nicht exakt dem von William Vance entspricht. Ich wollte nicht kopieren und das Original-Artwork respektieren. Es sind die neuen Abenteuer von Bruno Brazil, richtig. Aber sie sind ebenso eine Hommage an die klassischen Abenteuer.

Für die neuen Abenteuer stellt Bruno wieder ein Team zusammen und findet die Mitglieder im Kreis der alten Wegbegleiter. Wer hatte die Idee dazu, die alten Teammitglieder erneut zu rekrutieren?
Philippe Aymond: LF Bollée hatte die Story-Idee. Er wollte die Geschichte von Brazil und seinem Team fortsetzen und erzählen, wie sich dieses nach dem herben Rückschlag selbst neu erfindet. Wir konnten daher keine neuen Charaktere erfinden. Wir mussten das Kommando wieder zu neuem Leben erwecken, auch wenn es nun aufgrund der Ereignisse sehr zerbrechlich wirkt. Der psychologische Aspekt der Bollée-Story ist sehr interessant. Die 1960/70er Helden ohne Schwachpunkte gibt es nicht mehr.

Wann wird Band 2 von Bruno Brazil erscheinen?
Philippe Aymond: Ich arbeite bereits daran. Ich denke, der Band wird so etwa im September oder Oktober 2020 fertig sein.

Philippe, vielen Dank für die interessanten Einblicke in deine Arbeit.

Das vollständige Interview gibt es in ZACK 250.

 

Autor: Michael Hüster