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25.11.2020
Knesebeck

Verbrechen und Strafe

Verbrechen und Strafe

Der hierzulande noch nicht in Erscheinung getretene Autor und Zeichner Bastien Loukia wagte sich an einen der klassischen Romane schlechthin.

Ein Merkmal russischer Literatur, wie er selbst in einer Einführung anmerkt, ist der schiere Umfang und die Menge an Protagonisten. Ist ihm also eine annehmbare Adaption und Extraktion des Dramas von Dostojewski gelungen?

Der bettelarme Student Rodion trifft in einer Kneipe den ebenfalls wenig erfolgreichen Säufer Marmeladow. Der Student begleitet ihn nach Hause. In Anbetracht der kranken Ehefrau und der darbenden Kinder lässt er mitfühlend sein just zuvor erbetteltes Pfandgeld in der Familie. Im Folgenden erlauscht er zufällig eine Unterhaltung, in der auf die Ungerechtigkeiten in der Welt hingewiesen wird, dass eigentlich böse Menschen oft gar so viel haben und arme Leute fast nichts; ob gute Menschen doch mehr bekommen sollten und ob man nicht den Mut aufbringen müsste, das zu ändern. Im Speziellen ist damit unmissverständlich die geldgierige Pfandleiherin gemeint! Das scheint ein Schlüsselmoment im nachdenklichen Student zu sein. Denn schon zuvor machte er sich diesbezüglich philosophische Gedanken. Unter einem Vorwand erlangt er kurz entschlossen wiederum Zutritt in ihre Wohnung und erschlägt sie mit einem Beil. Er schnappt sich einen Beutel aus der Kommode und entgeht auf der Flucht knapp einer Entdeckung. Er versteckt die Beute und seine Gewissensbisse martern ihn fortan.
Doch dies ist nur der Auftakt dieser Geschichte. Ein Untersuchungsrichter nervt Rodion zunehmend; Mutter und Schwester verlangen gewisse Aufmerksamkeit, ein anderer gesteht den Mord; und Rodion sinniert über religiöse und soziologische Auswege aus seiner Schuld. Ist es denn ein Verbrechen, wenn man damit eigentlich ein Übel auflöst?

Wie es bei Adaptionen eines umfangreichen Werkes für das Medium Comic unumgänglich ist, sind maßvolle Kürzungen das A und O. Die bedeutungsschwere Sprachgewalt des Originals in Sprechblasen zu drängen und auch die philosophischen Tiefgänge darin wiederzugeben ist hier im Großen und Ganzen recht gut gelungen. Die Tragödien einer armen Gesellschaft verbunden mit Privilegien der Reichen; die hilfesuchenden Auswege im Handeln in der fragwürdigen Moral sowie im Glauben sind ganz im Sinne der Intention des Originals herauszulesen.

Visuell ist diese Graphic Novel unterschiedlichster Ästhetik. In der Art des direkten Malens ist kaum eine Korrektur möglich. Manche Seiten oder Panels strahlen eine spontane Schönheit in der Wahl der Farben aus, andere wirken im Ausdruck der Komposition eher naiv und nicht ganz ausgegoren. Als Gesamteindruck weist dieser Band jedoch durchaus ein Können aus. Vor allem die Farbgebung überzeugt!
 

 

 

 

Eine inhaltlich anspruchsvolle Geschichte in historischem Gewand. Schwermütig, tragisch und voller menschlicher Fragen hinsichtlich Leid, Erlösung, Gerechtigkeit und Sühne. Lesenswert!

Verbrechen und Strafe

Text und Zeichnungen: Bastien Loukia
160 Seiten
Knesebeck
25,00 Euro

Autor: Rolf Pressburger