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07.11.2022
Schreiber & Leser

Der Junker von Ballantrae

Der Junker von Ballantrae

Der Comicartist Hippolyte setzte einen Roman von R. L. Stevenson in Bilder seines eigenwilligen Stils um. Die bekanntesten Werke von Stevenson dürften Die Schatzinsel sowie Dr. Jekyll und Mr. Hide sein.

Die beiden Brüder Henry der Jüngere und James werfen eine Münze um zu entscheiden, wer für King George in den Krieg zieht und wer zuhause bei ihrem Vater und der Base Alison bleibt. Henry würde gern in die Ferne ziehen, doch James gewinnt den Münzwurf. Also bleibt Henry daheim. Und weil bald die Nachricht kommt, dass James gefallen sei, heiratet er nur unter dem Widerwillen von Alison seine Base, die eigentlich lieber James gehabt hätte.
Doch James ist nicht tot. Er ist ein gerissener und skrupelloser Draufgänger. Er wird Pirat und macht Beute. Es verschlägt ihn nach Nordamerika und er begegnet Indianern. Er schlägt sich rücksichtslos durchs Leben, denn er hat eigene Vorstellungen von seiner Zukunft. Zurück auf dem Schloss seines Vaters agiert er ebenso egoistisch und fordernd. Demütigt seinen gemäßigten Bruder Henry über die Maßen, so dass in dem der Hass auf James wächst. Eines Tages kommt es zum Unvermeidlichen. In einem Zwist streckt Henry seinen Bruder in einem Waldstück nieder. Doch am nächsten Tag ist der scheinbare Leichnam verschwunden …

Die Geschichte ist gemächlich erzählt, klassisch und ausführlich ohne zwischenzeitliche große Höhepunkte. Die Charakterisierungen der Protagonisten ist ausführlich; die Persönlichkeit des Einzelnen durch die Physiognomie auch visuell herausgestellt. Grobschlächtig unerbittlich das von James, verkniffen und mit unterdrückter Wut das von Henry. Überhaupt sind die Darstellungen der Personen verzerrt, bisweilen abstrakt und einer Karikatur ähnlich gezeichnet und mit Aquarellfarben koloriert. Gewöhnungsbedürftig! Schöner wirken da die Darstellungen der Landschaften, der Schiffe, der Gebäude, der Inneneinrichtungen.
Eine Rivalität zweier Brüder, die vollkommen unähnlich sind, die sich nicht mögen und doch ihre Familienbande einerseits zum eigenen Vorteil nutzen oder auch nur pflichtbewusst anerkennen. Im Verlauf der Handlung wird die Grenze zwischen den guten und bösen Bruder aufgeweicht. Den Reiz bezieht sie unter anderem aus dem abwechslungsreichen, abenteuerlichen Leben des einen und dem langweiligen spießbürgerlichen des anderen. Wobei beide Seiten des anderen Leben ein wenig beneiden.

Die Umsetzung der Story ist gemäßigt spannend und auch in der Seitengestaltung konservativ, ohne visuelle Experimente. Die Farben wurden entsprechend der Szenen abwechslungsreich eingesetzt.
Ein durchaus unterhaltender Comic einer klassischen Abenteuergeschichte. Wahrscheinlich weniger bekannt als andere des Autors, dafür aber hier erstmals in Form einer Graphic Novel offeriert!

Der Junker von Ballantrae

Text und Zeichnungen: Hippolyte
192 Seiten
Schreiber und Leser
34,80 Euro

Autor: Rolf Pressburger