Das naturalistische Schauspiel findet in einem Kurort in Norwegen statt. Das neu errichtete Bad verspricht der Gemeinde wirtschaftlichen Wohlstand. Doch nach einer Analyse des Wassers stellt sich heraus, dass es gesundheitsschädlich ist. Der Kurarzt möchte diesen Tatbestand aus Verantwortung der Gemeinde und den Badegästen gegenüber veröffentlichen und eine Schließung des Bades vorantreiben. Aber er stößt auf den Widerstand der Verantwortlichen, die persönlichen Vorteil über das Wohlergehen der Gesamtheit stellen. Als er die Menschen bei einem öffentlichen Vortrag aufklären möchte, wird er eben von diesem Volk als Verräter verstanden, der nichts anderes im Sinn habe, als ihren Wunsch und Willen nach Wohlstand in Frage zu stellen. Denn in einer Stellungnahme der politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsträger wurde zuvor kolportiert, die Analyse sei schwer übertrieben, das Wasser sei bei weitem nicht so gefährlich.

Javi Rey zeichnete dieses Drama in klaren Bildern und mit weicher Farbgebung nach. Ein paar Seiten kommen ohne Text aus und meiner Meinung nach käme die Stringenz der Handlung wiederum ohne diese Episoden ohne Worte aus. Erzählt wird die Geschichte zum einen anhand der Familie des Arztes, dessen Tochter engagierte Lehrerin im Ort ist. Zum anderen im politischen Widerpart des Bürgermeisters und der Ortszeitung, die zunächst klar journalistisch an der  Veröffentlichung der Wahrheit interessiert ist, später jedoch infolge einer Art sekundärer Bestechung davon Abstand nimmt. Der Familienvater folgt seinem Sinn für Gerechtigkeit und Wahrheitsfindung, was ihm von fast allen übel genommen wird. Vor allem seine Tochter, die Lehrerin, hält ihn davon ab, weg zu ziehen. Mit der weisen Begründung, mit seiner Gesinnung stoße er ja überall auf Unverständnis. Deshalb entscheiden sie sich, da zu bleiben, um vor allem die Schüler und die junge Generation zu erziehen und zu ermuntern; seine Tochter wörtlich: „Unsere Rolle sollte sein, den kritischen Geist der zukünftigen Bürger und Bürgerinnen zu formen“!

Dieses Werk von Ibsen und die Adaption von  Rey können ein Weiteres dazu beitragen. Es ist trotz des Alters von 140 Jahren hochaktuell. Die Demokratie wird im Grunde immer mit dieser Problematik verbunden sein. Umso mehr ist Aufklärung und die Bereitschaft zu hinterfragen in ihr grundsätzlich  notwendig.

Das Comicbuch geht dieser Sache auf den Grund. Zeigt Verwicklungen, Leugnung und auch ein wesentliches Problem einer Demokratie: Die Mehrheit ist eigentlich die Mehrheit der Unwissenheit. Das gilt es zu verbessern. Diesbezüglich ist es ein sehr empfehlenswertes, lehrreiches, auch spannendes und zeitloses Stück Literatur innerhalb der 9. Kunst!

Ein Volksfeind
Text und Zeichnungen: Javie Rey
152 Seiten
Jacoby & Stuart
32,00 Euro