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23.04.2020
Ein neuer Verlag bei PPM

Chinabooks

Chinabooks

Chinabooks hat viele namhafte Künstler im Programm und ist am GCT 2019 mit zwei Titeln (Jimmy Liao und Zhang Jing) beteiligt

Chinabooks wurde 2005 gegründet und ist ein 100% privat finanziertes und damit politisch unabhängiges Unternehmen mit Sitz im Raum Zürich. Bei den Gründern handelt es sich um ein bi-nationales deutsch-chinesisches Ehepaar Elisabeth Wolf und Erchen Wu.
Die Verlegerin studierte einst einige Semester an der Sinologie der Universität Zürich bis sie für sich zum Schluss kam, dass eine unternehmerische Betätigung mit Bezug zu chinesischer Kultur und Büchern sinnstiftender sein könnte, als regelmäßig in den Vorlesungen ihres Professors für Antikchinesisch einzuschlafen.

PPM: Frau Wolf, wie entstand die heutige Verlagsstruktur von Chinabooks?

Elisabeth Wolf: Chinabooks war zunächst eine Importbuchhandlung für Publikationen aus den chinesischsprachigen Teilen der Welt, also der VR China, Hongkong und Taiwan.
Ab 2007 kam die Verlagssparte dazu. Die Publikationen der ersten Jahre gehörten alle noch in den Bereich „Lehrmittel und Lehrmaterialien für Chinesisch als Fremdsprache“.
Von Chinabooks publizierte Lehrmittelreihen wie „China entdecken“ und „Das Neue Praktische Chinesisch“ zählen zu den verbreitetsten und beliebtesten Lehrmittelreihen für Chinesisch als Fremdsprache im deutschsprachigen Raum.

PPM: Frau Wolf, wie kamen die anderen Publikationen dazu?

Elisabeth Wolf: Durch meine Zuständigkeit für die Sortimentsauswahl in der Importbuchhandlung gelangte ich zu folgenden Feststellungen:
Der chinesischsprachige Raum, und Taiwan nimmt hier eine herausragende Sonderstellung ein, verfügt über eine reiche Comickultur, die im Westen nahezu unbekannt ist bzw. nicht wahrgenommen wird. Der chinesischsprachige Comicmarkt und die chinesische Comicszene sind unüberschaubar groß, außerordentlich dynamisch und entwickeln sich rapide. Die besten chinesischen und taiwanischen Comickünstler können locker mit ihren japanischen Kollegen mithalten. Japanische Mangas (u. a. Akira, Nausicaä …) habe ich in meiner Jugendzeit nämlich auch reichlich gelesen.

Also machte sich Chinabooks ab 2011 ans Werk, die chinesischsprachige Comickultur den deutschsprachigen Lesern näherzubringen. Wir ebnen im Windschatten der großen deutschen Comicverlage still und noch weitgehend unbemerkt den Marktzugang für den chinesischsprachigen Comic im deutschsprachigen Raum Europas.
Das der chinesische Comic (Chinesisch: Manhua) hierzulande momentan noch ein Schattendasein fristet, ist uns ganz recht, denn so gelingt es uns, von anderen Verlagen unbemerkt, uns die deutschsprachigen Lizenzen vieler ganz bedeutender Perlen des chinesischsprachigen Comics (Manhua) zu sichern.
Die Übersetzer der bei Chinabooks erscheinenden Comics sind fast ausschließlich literarische Übersetzer, die sonst chinesische Literatur übersetzen. Dadurch ist eine hervorragende Übersetzungsqualität gewährleistet.

PPM: Welche wichtigen Comicgrößen gehören aktuell zu Ihrem Verlagsprogramm?

Elisabeth Wolf: Besonders stolz sind wir darauf, folgende hochkarätigen Comicgrößen für unser Verlagsprogramm gewonnen zu haben:

  • Xu Xianzhe, Autor der Reihe „Biaoren“ (provisorischer deutscher Titel: „Der Kopfgeldjäger“), der momentan in Asien ganz große Wellen schlägt, in Japan Furore macht und in China die Bestsellerlisten stürmt. Ursprünglich ein Online-Comic, erscheinen nun fast zeitlich Printausgaben sowohl in der VR China, in Taiwan als auch in Japan und Korea. „Biaoren“ ist eine Art düsterer, dystopischer „chinesischer Western“, der während der Herrschaft des tyrannischen Kaisers Yangdi der Sui-Dynastie im frühen 7. Jahrhundert in den Wüstengebieten in Chinas „Wildem Westen“ spielt, der damals noch nicht dem chinesischen Territorium einverleibt war. Durch diese Gebiete zogen damals die Handelskarawanen entlang der Seidenstrasse. Diese Karawanen mussten durch bewaffnete Transportbegleiter vor Überfällen geschützt werden. Die Hauptfigur Daoma ist beim Sui-Kaiser in Ungnade gefallen und entzieht sich daher zusammen mit seinem minderjährigen Sohn in den Westgebieten dem Zugriff der kaiserlichen Autoritäten. Er verdingt sich als Transportbegleiter der Handelskarawanen. Bis er einen Auftrag annimmt, eine mysteriöse Reisende zu eskortieren, ein Auftrag, der sich als so gefährlich entpuppt, dass er ihm Kopf und Kragen kosten könnte … Die Reihe „Biaoren“ weckt stilistisch Erinnerungen an Vagabond von Takehiko Inoue. Die ersten Bände der Reihe erscheinen bei Chinabooks ab Ende 2019 in deutscher Sprachausgabe.

 

  • Jimmy Liao ist ein Bilderbuchkünstler aus Taiwan von internationalem Rang. Seine Bilderbücher (Die Sternennacht, Das Kino des Lebens, Der blaue Stein, Der Klang der Farben) richten sich ausschließlich an ein erwachsenes Publikum. Jimmy Liao ist ein Meister darin, durch surreale Traumwelten das Seelenleben seiner Figuren darzustellen.

 

  • Jidi und Ageng aus der VR China, ein Team aus Autorin und Zeichnerin der mit Preisen überhäuften und sehr berührenden Comicreihe „Der freie Vogel fliegt“, berichtet über teils sehr schmerzhafte Erfahrungen des Erwachsenwerdens im China der 90er Jahre mit autobiographischen Bezügen.

 

  • Chen Uen aus Taiwan ist ein Großmeister des asiatischen Comics mit Vorliebe für historische Stoffe aus der langen chinesischen Geschichte und tragische Heldenfiguren. Bei Chinabooks erschienen ist der Dreiteiler „Helden der Östlichen Zhou-Zeit“ sowie die Comic-Autobiographie „Der erste Kaiser“.

 

  • Zhang Jing aus der VR China ist Zeichnerin und Autorin der Reihe „In tiefen Wäldern Träumen lauschen“, eine berauschende Reihe, die im tang-zeitlichen China in einem für westliche Leser exotischem Milieu eines Kaiserhofes eines fiktiven chinesischen Reiches angesiedelt ist, ein wilder Genremix aus Fantasy, Mystery, ungewöhnlicher Liebesgeschichte, psychologischem Drama mit schrillen komödiantischen Passagen.

 

  • Sean Chuang aus Taiwan ist Autor und Zeichner von „Meine 80er Jahre – Eine Jugend in Taiwan“. Seine Comics sind autobiographisch inspiriert und zeithistorisch reizvoll.

 

  • Jing Liu ist Zeichner und Autor der Reihe „Chinas Geschichte im Comic“, die in zahlreichen Ländern erschienen ist: USA, Hongkong, Korea, Frankreich. In dieser historischen Sachbuch-Comicreihe beschäftigt sich Jing Liu mit großen, immer wiederkehrenden Fragestellungen in der chinesischen Geschichte, auf die chinesische Gelehrte über die Jahrhunderte hinweg immer wieder nach Antworten suchten, wie etwa die Frage nach der idealen Staatsführung, nach der idealen Gesellschaft, warum Dynastien und menschliche Gesellschaften aufsteigen und wieder untergehen.


PPM: Können die Leser Ihrer Bücher die asiatischen Künstler auch in Deutschland, Österreich oder der Schweiz auf Veranstaltungen treffen?
 
Elisabeth Wolf: Chinabooks hat in den letzten Jahren bereits mehrere chinesischsprachige Künstler nach Deutschland und in die Schweiz zu Lesereisen, zum Comicsalon Erlangen und zum Comicfestival München eingeladen (Sean Chuang, Ruan Guangmin, Jidi & Ageng, Jing Liu).
Im Juni 2019 begibt sich Jimmy Liao auf eine Lesereise durch Deutschland und die Schweiz.
Zudem wird Taiwan Ehrengast beim Comicfestival München (20. bis 23. Juni 2019) sein. Folgende taiwanische Künstler nehmen daran teil: Jimmy Liao, Sean Chuang und 61Chi.

Chinabooks ist am GCT 2019 mit zwei Titeln (Jimmy Liao und Zhang Jing) beteiligt.

Bleiben Sie über Manhua – den chinesischsprachigen Comic – auf dem Laufenden, indem Sie regelmäßig unsere Webseite www.manhua.ch besuchen, auf der wir unter anderem über Neuerscheinungen und Lesereisen informieren.

PPM: Frau Wolf, vielen Dank u.a. für die sehr interessanten Ausführungen zum Verlag und dem Verlagsportfolio!

Autor: Michael Hüster