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30.09.2022
Beim All Verlag ist gerade Band 1 der Franka – Gesamtausgabe erschienen

Ein Interview mit Henk Kuijpers (Teil 2)

Ein Interview mit Henk Kuijpers (Teil 2)

Im ersten Teil des Interviews berichtete Henk Kuijpers u.a. über die Anfänge seiner Comic-Karriere, über seine Vorbilder und darüber, wie Franka schließlich entstanden ist.

PPM: In Franka sind fast alle wichtigen Rollen durch hübsche Powerfrauen besetzt. Gibt es dafür einen bestimmten Grund?
Kuijpers: Nein, das liegt einfach daran, dass ich Frauen am besten zeichnen kann. In der ersten Geschichte Das Kriminalmuseum war Franka nur ein Teil des Teams, aber jeder hat gesagt, das ist die Geschichte mit dem Mädchen. Darum habe ich das Mädchen ab der zweiten Geschichte Das Meisterwerk zum Mittelpunkt der Story gemacht: Sie bekommt ein eigenes Haus und ihre Persönlichkeit wird mehr herausgearbeitet. Zusätzlich habe ich auch die Rollen der Gegenspieler mit Frauenfiguren besetzt. Sonst hätte man nur ein gutaussehendes Mädchen als Dekoration in einer Männerwelt gehabt.

PPM: Wie entstehen die Ideen zu den Franka–Geschichten?
Kuijpers [lacht]: Da geht immer so eine Lampe an und dann ist die fertige Idee da. Nein,- ich lese gern und ich benötige ja auch nur eine gute Idee pro Jahr. Dann zeichne ich ein ganzes Jahr an dieser guten Idee, und wenn die Idee nicht gut ist, zeichne ich trotzdem ein ganzes Jahr ...
Eine Geschichte entstand mal aus einem Bericht über den Untergang des italienischen Luxusliners Andrea Doria. Das Schiff ist 60 km vor New York gesunken, und da hat man tatsächlich die Idee gehabt, das ganze Schiff mit Tischtennis–Bällen vollzupumpen, um es zu heben. Es lag in einer Tiefe von nur 60 Metern. Die Idee habe ich für den Doppelband Das Geisterschiff bearbeitet. Ich habe statt der Bälle Luftballons gewählt und diesen noch eine besondere Form gegeben (Teufel, Tiere oder ähnliches), damit sie in der Handlung noch eine Funktion haben. So entsteht eine Idee. Es gibt also eine Basis–Idee, eine Bearbeitung der Idee und dann die weiteren Subplots.
Bei der Blauen Venus war es zum Beispiel so: In der Regel werden Kunstwerke von Menschen gestohlen. Diesmal wird ein Kunstwerk von einem Kunstwerk gestohlen. Also was braucht man dazu? Ein Museum, eine Ausstellung, zwei Künstler, von denen der eine Künstler ein Bild macht, das so dick ist, dass man ein anderes Bild darin verschwinden lassen kann. Der andere Künstler macht eine Skulptur, die in Wirklichkeit nur eine Maschine ist. Das ist schon mal eine gute Grundidee. Dann muss es noch eine Person geben, die das Bild kaufen wollte, es aber nicht bekam. Da die ganze Geschichte jetzt etwas kompliziert geworden ist, nimmt man noch etwas in der Handlung hinzu, dass die Sache wieder vereinfacht. Dieser Kunstsammler hat das technische Wissen über Roboter–Arme, denn die Skulptur soll, mit Roboter–Armen ausgestattet, das Bild stehlen. Warum hat er dieses Wissen? Weil er als Kind bei einem Unfall einen Arm verloren hat und deshalb schon immer sehr an Roboter–Armen interessiert war. Da er sehr intelligent ist, wurde er sehr reich durch seine Erfindungen und da er reich ist, sammelt er Kunst. Er will unbedingt dieses Kunstwerk besitzen, einen Monet, von einem Modell ohne Arme. Und warum hat das Modell keine Arme? Weil es die Arme aus dem Fenster hängt. So kommt eine Idee zur anderen.

PPM: Wie ist Ihre Arbeitsweise bei der Entstehung eines neuen Albums?
Kuijpers: Ich schreibe mir zunächst Plot der Geschichte auf. Allerdings lege ich nicht alle Details vorher genau fest. Bestimmte Dinge ergeben sich von selbst, wenn man sich eine ganze Woche mit einer Seite befasst. Für Hintergründe und Dekors mache ich jede Menge Fotos oder recherchiere in Zeitschriften und Büchern.

PPM: Und wie läuft die zeichnerische Seite ab?
Kuijpers: Zuerst kommt die Bleistiftzeichnung, anschließend arbeite ich mit Tusche und mache die Kolorierung mit Wasserfarben. Danach wird der Comic von der Koloristin Hanneke Bons nach der Vorlage digital koloriert.

PPM: Als Besonderheit in der Alben–Serie enthalten die Bände Circus Santekraam und Das Geheimnis der Sümpfe insgesamt fünf Kurzgeschichten. Wie sind diese Geschichten entstanden?
Kuijpers: Das ist ganz einfach. Wenn mich in der Anfangszeit jemand fragte, ob ich eine Kurzgeschichte mache, z.B. für Baberiba, dann habe ich das natürlich getan. Später wurden diese Geschichten in den beiden Alben zusammengefasst. Die Geschichte Das Geheimnis der Sümpfe ist im Sommer 1981 entstanden. Mein Sohn wurde kurz darauf geboren und die Geschichte sollte vorher fertig sein. Darum wurde es nur eine 22–Seiten–Geschichte. Ich habe hier auch sehr viel Nebel gezeichnet: Das war ganz bequem, da ich schnell arbeiten wollte. [lacht] Aber das habe ich nicht oft so gemacht.

PPM: ... außerdem gab es noch eine kurze Franka–Geschichte mit dem Titel Het Halssnoer, die später zu dem Album Mörderische Konkurrenz führte ...
Kuijpers: Das war für eine Agentur, die ein Berufswahlmagazin für Schüler herausgab. Dieses Blatt, es nannte sich Straks Studeren?, gab es achtmal im Jahr und in jeder Ausgabe sollte eine Seite erscheinen. Darum habe ich eine Franka–Geschichte mit acht Seiten gezeichnet. Das war die Grundlage für das Album Mörderische Konkurrenz. Allerdings sind bis dahin sieben Jahre vergangen, da ich zwischendurch die Alben 7 und 8 (Das Gebiss des Drachen) gemacht habe. Das meiste Material von Het Halssnoer wurde daher überarbeitet.

PPM: In dieser Zeit entstanden auch 16 Titelbilder für Straks Studeren? sowie hunderte von Werbezeich-nungen, u.a. für die holländische Post und den Elektronikkonzern Philips. Vornehmlich sehr witzige Wimmelbilder.
Kuijpers: In den 80ern, als die Kinder noch klein waren, habe ich nur drei Franka–Geschichten gezeichnet und habe hauptsächlich von der Werbung gelebt. Ab 1990 wollte ich dann wieder Full–Time–Comiczeichner sein. Also habe ich mir ein Magazin für die Vorveröffentlichung gesucht: Veronica. Auf diese Weise war dann jedes Jahr ein Album möglich. Es gab aber auch noch gelegentliche Arbeiten für die Werbung. Heute arbeite ich nur noch an Franka.

PPM: Es fällt auf, dass sich die Franka–Abenteuer sowohl inhaltlich, wie auch grafisch sehr stark weiterentwickelt haben. Hätten Sie aus heutiger Sicht die älteren Geschichten anders gemacht?
Kuijpers: Ja, natürlich. Aber das war am Anfang gar nicht anders möglich. Die Geschichten wurden für ein ganz anderes Publikum gezeichnet. PEP war eine Kinderzeitschrift. Die Kinder waren so etwa 12 Jahre alt. PEP enthielt z.B. Lucky Luke, Luc Orient, Blueberry, Andy Morgan, so etwa wie ZACK in Deutschland. In dieser Comic–Umgebung startete Franka.
Als ich dann für Veronica arbeitete, waren plötzlich junge Erwachsene das Ziel, also eine etwa zehn Jahre ältere Gruppe. Das wurde dann eine ganz andere Geschichte. Damit ist natürlich auch meine persönliche Entwicklung verbunden. Ich wollte nicht mehr diese einfachen Comic–Geschichten machen, sondern etwas Komplizierteres. Die Comics ändern sich eben auch durch die Zielgruppe. Aber auch die Gesellschaft hat sich geändert. Mehr Erotik in der Handlung ist jetzt ganz normal.

PPM: Herr Kuijpers, was gefällt Ihnen am Besten an ihrem Beruf?
Kuijpers: Das große Vergnügen an diesem Job ist, dass man sich immer mit Sachen beschäftigen kann, die andere als Hobby haben. Wenn ich mich z.B. für alte amerikanische Autos interessiere, kann ich mich damit befassen, nachlesen und dies auch noch für meine Arbeit gebrauchen. Man ist frei, selbst zu wählen, worauf man sein Interesse richtet, und zugleich ist es Arbeit und man braucht sich gegenüber niemandem zu rechtfertigen. Darum schreibe ich auch meine Texte selbst. Vielleicht könnte auch jemand anderes eine gute Geschichte schreiben. Dann müsste ich mich aber mit dem beschäftigen, was der Texter interessant findet. Das möchte ich lieber selbst bestimmen.

Autor: Michael Hüster