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20.11.2023
Knesebeck

Das Verschwinden des Josef Mengele

Das Verschwinden des Josef Mengele
Der Roman von Oliver Guez wurde von Matz adaptiert und von Jörg Mailliet gezeichnet. Vor allem Matz ist dafür bekannt Romanvorlagen adäquat neu zu texten.

Josef Mengele kommt 1949 unerkannt mit gefälschtem Namen in Argentinien an. Finanziell wird er von der Heimat Deutschland aus heimlich unterstützt. Seine Ehefrau möchte jedoch nicht nachreisen, sie verachtet ihn wegen seiner Vorgeschichte in Auschwitz und lässt sich scheiden. In Argentinien vergnügt sich Mengele zunächst in Bordellen, verdient viel Geld mit illegalen Abtreibungen, und trifft Gleichgesinnte, die die faschistische Idee noch nicht aufgegeben haben. Ab und zu reist er unerkannt nach Deutschland und heiratet seine Schwägerin, die Witwe seines verstorbenen Bruders. Sie ist Nationalistin mit Herz und Seele. Doch durch die Scheidung wird entdeckt, dass er nicht tot ist. Er flüchtet nach Paraguay …

Es ist eine Geschichte aus der jüngsten Vergangenheit. Mengele war einer von ca. 20 Ärzten, die in Auschwitz Experimente an Menschen ausführten. Nach eigener perfider Rechtfertigung zum Wohle der Menschheit. Aufgezeigt wird vor allem der Versuch Mengeles unerkannt in Südamerika trotzdem privilegiert zu leben, was ihm aber schlussendlich nicht gelang. Paranoid beobachtete er die Umgebung, wich in Favela, den Slums, aus.

Die Adaption des Romans von Oliver Guez ist teilweise textlastig, bietet aber auch ab und an nur Schauwerte in zeichnerischer Form. Neben der Haupterzählung, die Flucht und das Versteck-spielen vor Verfolgern schweift die Erzählung immer wieder mal in Rückblenden in die Kriegsjahre ab. Damit wird ein Verständnis für die geschichtlichen Hintergründe, vorwiegend in das Geschehen in Auschwitz dargelegt. Auch die familiäre Bindung der Mengeles und ihre Unterstützung ist Teil davon. Ebenso interessant zu lesen ist die soziale Situation in Südamerika. Mengeles Selbstüberschätzung als Herrenmensch bricht sich auch dort zumindest in absurden Vorurteilen Bahn.

Die Zeichnungen sind schmissig dahin gepinselt. Sie ähneln grob ein wenig dem Stil von Hugo Pratt. Farblich vorwiegend in erdig beige-braunen Nuancen.

Eine Graphic Novel, die geschichtlich relevant ist. Inhaltlich eine Nachschau auf Gräueltaten und die Flucht vor der Verantwortung. Ein politisches und juristischen Statement, das allerdings direkt nach dem Krieg eher unentschlossen von einigen Seiten geführt wurde. Beeindruckend und nachhaltig in Text und Bildern aufgezeigt.

Das Verschwinden des Josef Mengeles
Text: Matz, Zeichnungen: Jörg Mailliet
192 Seiten
Knesebeck
25,00 Euro

Autor: Rolf Pressburger