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25.02.2019
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Reise zum Kerguelen-Archipel +++ Emmanuel Lepage auf einer Reise ans Ende der Welt

Reise zum Kerguelen-Archipel +++ Emmanuel Lepage auf einer Reise ans Ende der Welt

Mit dem Schiff bis ans Ende der Welt, zu den französischen Süd- und Antarktisgebieten (TAAF).

Emmanuel Lepage ging für mehrere Wochen an Bord der Marion Dufresne, ein Schiff mit verschiedenen Funktionen: Versorgungsschiff, ozeanographischen Schiff und „Kreuzfahrtschiff“ für Mannschaft, Wissenschaftler, Techniker, zivile Berufe und wenige auserwählte Touristen und Presseleute. Es ist die Geschichte seiner Expedition im Jahre 2010.
 
Die Idee zu der Reise hatte Caroline Britz, Journalistin bei der Wochenzeitung Le Marin. Sie ist eine Bekannte von Emmanuels Bruder Francois, der selbst Fotograf ist. Caroline hatte immer davon geträumt, mit der Marion Dufresne zu den Kerguelen zu reisen. Sie machte Francois Lepage den Vorschlag, eine Reise zu den französischen Süd- und Antarktisgebiete zu unternehmen. Um an Bord des Schiffes zu kommen, muss ein Antrag bei der zuständigen Präfektur eingereicht werden und man muss gute Gründe haben, um an der Reise teilnehmen zu können. Emmanuels Bruder Francois schlug mir ein Projekt vor, das zum Inhalt haben sollte, die Reise mit einem Bericht, Fotos und Zeichnungen zu dokumentieren. Die verschiedenen Dokumentationsbereiche sollten das Projekt für die Präfektur interessant machen. Caroline Britz hatte einen ersten Antrag im Frühjahr 2009 gestellt, aber keine Antwort erhalten. Im Januar 2010 wurde das Projekt dann sofort angenommen. Zunächst gab es nur zwei Plätze und Emmanuel Lepage war aus dem Rennen. Dann wurde ein Platz frei und er musste sich sozusagen innerhalb kürzester Zeit entscheiden.

Genau genommen war es keine Reise nur zu den Kerguelen. Tatsächlich war es eine Rundreise mit folgenden Stationen: Flug Paris – Réunion, Einschiffen auf Réunion – Tromelin - Réunion - Crozet – Kerguelen – Saint-Paul – Amsterdam – Ausschiffen Réunion – Rückflug Paris.
Mehrere Wochen verbrachte das Dreierteam auf der Marion Dufresne, von Mitte März bis Mitte April 2010. Die Schiffsfahrt und die Helikopter-Transfers vom Schiff zu den Inseln und zurück wurden durch die TAAF übernommen. Die Kosten für Britz und die Lepage-Brüder: Essen an Bord von etwa 2.000,- Euro und der Flug nach La Réunion.
Emmanuel Lepage in einem Interview zu den Dingen, die ihn am meisten bewegt haben: „Da war zunächst mein Traum von der Seefahrt, der mit der Realität konfrontiert wurde. Ich wollte das Leben an Bord erleben, aber ohne damit zu rechnen, dass ich furchtbar seekrank werden würde. Auf dem Schiff kehrten meine Jugenderinnerung zurück: an meine Lektüre von Werken von Robert Louis Stevenson, Jules Verne und Hergé. Tim war immer präsent.

Die Organisation an Bord war beeindruckend. Das Ganze funktionierte wirklich wie ein kleines Unternehmen. Außerdem war mir nicht bewusst, wie wichtig die Mahlzeiten für das Leben an Bord sind. Sie sind teil des Rhythmus, sorgen für Unterbrechungen, denn auf dem Meer scheint die Zeit stillzustehen, nicht mehr vorhanden. Außerdem sind die Mahlzeiten Treffpunkt für Mannschaft und Passagiere um sich auszutauschen.
Für mich eine weitere Überraschung: die starke Gemeinschaft unter allen, die für die TAAF arbeiten. In diesen kleinen Gemeinschaften am Ende der Welt, gibt es sehr verschiedenen Typen, die sich freiwillig oder dienstlich der Herausforderung stellen: Techniker, Wissenschaftler, Militärs, Klempner, Bäcker, Köche und vielen andere. Sie leben auf den Inseln für 4-18 Monate zusammen, ohne jede Rückkehrmöglichkeit.

Schließlich war die Landschaft, das Meer und die Tierwelt für mich faszinierend…“
Das Ergebnis sind 156 Seiten einer gut lesbaren Expeditionsgeschichte. Lepage gelingt es, eine Vielzahl von vor Ort und später aus der Erinnerung entstandener Skizzen, fantastischer Aquarelle und Zeichnungen zu einer Handlung zusammenzufassen. Viele der Personen, die Lepage auf seiner Reise getroffen hat, wurden porträtiert und finden sich in dem Band wieder. Hinzu kommen natürlich Zeichnungen der noch ursprünglichen Insellandschaften, mal schroff, mal idyllisch, mal unspektakulär wie die Sandinsel Tromelin. Und natürlich eine Vielzahl von Tierzeichnungen.
Lepage gelingt es, Stimmungen einzufangen: z.B. Ängste, Hektik, Bewunderungen, Beziehungen, Schweigen, Erwartungen, Überforderung, Unbehagen, Faszinationen, Enttäuschungen, eben die ganze Bandbreite menschlicher Regungen. Und er hat sich gut auf die Reise vorbereitet. Zu den verschiedenen Reisezielen gibt es historische Rückblenden und Anekdoten, die von den Entdeckungen, den ersten Kolonialisierungsversuchen, aber auch von Tragödien berichten, die sich auf den Inseln zugetragen haben. Lepage erfasst auch Relikte der Vergangenheit, wie die Reste einer alten Walfangfabrik, in Wort und Bild.
Kein Abenteuer der eigentlichen Art, aber mindestens genauso interessant. Ich war beeindruckt.

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Autor: Michael Hüster