PPM: Hallo Stephan. Einar. Da war doch schon mal etwas…
Stephan Hagenow: Stimmt. Mittlerweile liegt es gute 10 Jahre zurück, als ich meine Wikingerserie Einar mit Piccoloheft 21 beendet hatte. Seitdem kamen immer wieder mal Fragen auf... ob ich diese Serie möglicherweise wieder ins Leben rufen würde. Mittlerweile war ich nach Einar sehr auf meine Hauptserie Kommissar Fröhlich in Buchformat fixiert. Diese hat ja einen visuellen Relaunch seit Buch 9-Wenn Kowalski kommt- erlebt. Mittlerweile sind in der neuen Form 5 neue Bücher im doppelten Seitenformat erschienen, so dass man jetzt eher von Graphic-Novels reden kann. Inhaltlich wie künstlerisch. Sozusagen der Sprung ins nächste hochwertige künstlerische Level.
PPM: Was hat dich zu deinem graphischen Wandel veranlasst?
Stephan Hagenow: Ich benötigte seit längerem unbedingt ein neues frisches eigenes Profil in meiner Kunst. Als Hauptinspirationsquelle diente mir da dann die Hugo Pratt-Spätphase. Die kam mir wie gerufen. Werke wie z.B. Morgan....die in ihrer reduzierten Losgelöstheit schon fast an die Anmutung von Kinderzeichnungen erinnerten. Inzwischen weit entfernt vom Milton Caniff Einfluss.
Für mich war das wie eine Initialzündung völlig neu anzusetzen. Ich war in solchen Dingen immer schon bedeutend mutiger als andere. Ich wollte unbedingt mit alten Regeln brechen (auch mit meinen eigenen) um den Spaß an der Arbeit in mir wieder wachzurufen.
Mittlerweile verfüge ich ja über 40 Jahre Erfahrung als Zeichner und Erzähler, 20 Jahre davon bei Gringo-Comics, da verkommt die schönste Arbeit irgendwann zur drögen Monotonie. Sowas ist gänzlich fast unvermeidbar. Nach gut 800 Seiten in knapp 3 Jahren, zum Jahresende werden es 1000 im neuen Stil sein, wurde auch stärker der Visionär in mir geweckt. In den 90-igern gehörte ich zu den "jungen Wilden" bei Schwermetall...inzwischen schwebt mir eine recht radikale Neuinterpretation des Mediums vor, welches richtig frischen Wind in die Seiten pusten soll.
PPM: Wie entstand die Idee, Einar im neuen Stil zu relaunchen?
Stephan Hagenow: Ich lebe ja in Norddeutschland...und das ist bekanntlich nicht weit weg von der Heimat der Wikinger! Mein Einar Relaunch soll wirklich einschlagen wie eine Bombe. Ein Pop-Art Eisenherz im Wikingergewand, eine Saga wie man sie in dieser Form weltweit noch nie gesehen hat. Die erste 100 Seiten Story meiner Endlos-Saga liegt also fertig vor und soll in Kürze in Print gehen. Es soll...nein, es muss sogar ein großes Spektakel werden. Ich lege es diesmal ganz bewusst darauf an, möglichst International ins Rampenlicht zu treten.
Somit bin ich nach vielen Jahren künstlerischer Irrfahrt also endlich bei einer konventionellen Abenteuerserie für ein breiteres Publikum als Fröhlich angelangt. Es ist meiner Meinung nach längst überfällig, dass endlich wieder Künstler nach vorn stürmen die wirklich etwas verändern können.
Einar setzt völlig neue Impulse in jeder Beziehung und wird das Publikum in Pro und Contra spalten. Dazwischen gibt es nichts. Grafisches filmisches Layout, poppige frische Farben und interessante Charaktere bilden die Basis. Das einzige was mir noch fehlt wäre höchstens als Untermalung ein Soundtrack von Meister Ennio Morricone.
Wie bei Fröhlich spielen in Einar zwei feminine Frauencharaktere eine gravierende Rolle. Bei Kommissar Fröhlich ist es seine uneheliche Tochter Magda Zanowski und bei Einar die amazonenhafte Kriegerin Weeneh-Tha. Für mich die heimliche Hauptfigur. Die beiden zeichne ich auch am liebsten.
Im Gegensatz zu meinen früheren Werken wird Einar auch relativ Gewalt- und Ironiefrei auskommen. Mir geht es mehr um den Kontrast Mensch und fulminante Natur und somit Atmosphäre (Blutige, ausufernde Schlachten a la Frank Miller sucht man bei mir sicher vergebens).Dynamische Action existiert hier nur als integrierter Bestandteil der Story...aber niemals dem Selbstzweck dienend. Den Primitiv-Sektor können andere bedienen.
Mein derzeitiges Comic-Fazit: Bei einer weiter anhaltenden steifen Retro-Klammer-Haltung wird Deutschland auf der internationalen Spielwiese auch weiterhin das bedeutungslose Schlusslicht bilden. Was die Verkaufszahlen der einzelnen Produkte ja auch seit längerem bestätigen. Nur einige vereinzelte visionäre Erneuerer können meiner Meinung nach das Medium ins nächste Kunst-Level transportieren und somit für eine internationale Aufmerksamkeit sorgen. Die ewig Gestrigen werden die Verlierer sein und zu denen möchte ich nicht gehören. Offen für Neues lautet die Devise. Ich bin höchst motiviert.
Autor: Michael Hüster