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07.10.2019
Kult Comics

Die Überlebenden des Atlantiks - Integral 1

Die Überlebenden des Atlantiks - Integral 1

Jean-Yves Mitton hat eine Reputation in der Welt der Comics. Sehr oft setzte er Szenarien anderer in kongeniale Bilder um, aber auch eigene geschriebene Storys wurden von ihm in seinem vorwiegend realistischen Stil gezeichnet.

1992  kam der 1. Band der vorliegenden Serie heraus, die in drei Integralausgaben vollständig auf deutsch erscheinen wird.
Die Geschichte spielt zu Ende des 18. Jahrhunderts und ist ein Abenteuer, das im weitesten Sinn die Lebensgeschichte eines heißblütigen Burschen erzählt
Der junge Yann le Scorff, gebildet, draufgängerisch und mutig, wird vom Vogt Kerbeuf übel behandelt, zur Sklavenarbeit im Hafen gezwungen und schikaniert. Sein Vater ist ein Kartograph des Königs, und es gibt ein Geheimnis um drei Landkarten. Yann kann fliehen und sich auf ein auslaufendes Schiff retten. Vom Regen in die Traufe wird er auch hier gedemütigt. Plötzlich wird sein Schiff von Piraten angegriffen und zerstört. Der Kapitän, der schon zuvor ein gutes Wort für ihn übrig hatte, wird schwer verletzt, von Yann aus den Fluten gerettet und an Land gezogen. Zufällig ist ein Kloster in der Nähe, das die beiden beherbergt. Der Kapitän macht auf dem Sterbebett liegend sein Testament und setzt Yann als Erben ein. Der macht sich noch am selben Tag auf den Weg, einen Hinweis des Sterbenden zu überprüfen. Doch schon sind die alten Feinde auch vor Ort und entlocken der „Ehrwürdigen Mutter“ des Klosters Informationen über Yann und dem Geheimnis vom Kapitän.
So beginnt eine Reise in ein Abenteuer, zu dem Spuren gezogen, Köder ausgelegt und Andeutungen zur Genüge vorhanden sind, um eine spannende Geschichte erzählen zu können. Und das kann Mitton sehr gut; er hält sich strikt an historische Tatsachen, die den politischen, sozialen und gesellschaftlichen Hintergrund bilden. Es ist eine Epoche, die sehr turbulent war, in der noch heute bekannte Personen ihr Stelldichein gaben und in der Piraterie in allen Ecken Gang und Gäbe war.
Mitton beginnt sein Epos mit der genauen Charakterisierung der Protagonisten und mit der Darlegung von bürgerlichen Verhältnissen jener Zeit. Diese Einleitung ist weit gefächert und alles andere als banal, was den Gehalt an Informationen angeht. Sehr anspruchsvoll!
Die Zeichnungen zeigen alle Facetten der dargestellten Motive bis ins kleinste Detail. Die Aufmachung, die Anordnungen der Panels und die Farbgebung wirken zwar sehr konservativ, dafür umso mehr graphisch auf höchstem Niveau! Vielleicht ein wenig blass, die Kolorierung, aber so kommt der meisterhafte Strich, die klar umrissene Graphik, gut zum Vorschein. Auf holzhaltigem Papier gedruckt gibt sie trotzdem die Brillianz in Abstufungen der Grau- und Farbtöne ganz gut wieder. Da gibt es andere, nicht so sehr gelungene Reproduktionen. Positiv zu erwähnen ist noch ein ausführlicher Zusatzblock (18 Seiten) mit einem Interview und Zeichnungen aus verschiedenen Veröffentlichungen von Mitton.
Ein Historiencomic mit Anklängen von Piratengeschichten. Eingebunden in geschichtlich konkrete Ereignisse und sehr vielschichtig, mit abwechslungsreichen Schauplätzen und spannender Handlung!

Die Überlebenden des Atlantiks – Integral 1
Text und Zeichnungen: Jean-Yves Mitton
160 Seiten
Kult Comics
30,00 Euro

Autor: Rolf Pressburger