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21.06.2021
Splitter-Verlag

Nathanaëlle

Nathanaëlle

Charles Berberian und sein Zeichner Fred Beltran kreierten hier einen Science-Fiction Comic, der im weiten Feld der sozialkritischen Beleuchtung von Klassenunterschieden spielt.

Nathanaëlle lebt im Untergrund. Sie gilt als Verbrecherin, Rebellin und gefährliche Infizierte, die einen Virus verbreiten kann. Nicht alles trifft zu. Von ihrem Vater „erschaffen“ ist ihr eine geheime Aufgabe zugedacht, von der sie nichts ahnt. Ihr Vater ist der anerkannte und verehrte Große Weise, der seit hunderten von Jahren die Vergnügungen der Privilegierten mit immer neuen Erfindungen zur Freude ihrer Dekadenz bereichert und ihre Macht zementiert! Auch seine relative Unsterblichkeit beruht auf seinen Forschungen. Doch sein Plan mit Nathanaëlle soll seine allergrößte Mission werden!

In einer zeitlich nicht näher bestimmten Zukunft sind die Protagonisten eigenartig gekleidet. Sie tragen mit dem Leib verbundene technische Gadgets herum. Die Wissenschaft ist in der Lage, das Bewusstsein von Menschen in Roboter zu transferieren. Visuelle Scheinwelten und futuristisches Setting allenthalben. Der Mensch im Raum zwischen virtueller und realer Umgebung. Die sozialen Schichten einfachst aufgezeigt. Zeichnerisch auf eben jenem Level, der dies ausdrucksvoll zur Geltung bringt. Blasse Farben mit viel Grau unterstreichen die eher dystopischen Elemente der Graphik und der Story. Die Charakterisierung der Protagonisten ist aufs Wesentlichste beschränkt. Erst ganz am Schluss erfährt der Leser ein wenig von der Kindheit Nathanaëlles.

Mit einigen humorvollen Einsprengseln – wobei hier nur der Running Gag mit den sprechenden, laufenden und verkaufsorientierten  Kaffeemaschinen erwähnt sein soll – ist die Geschichte ein wenig sprunghaft erzählt. Rückblenden und Szenenwechsel verwirren bisweilen. Die einzelnen Episoden sind nicht immer stringent aneinandergereiht. Die Handlung schweift oft in Nebenschauplätze ab, die das Ganze jedoch nicht wirklich in seinem Fortlauf unterstützen. Im Endeffekt ist dies trotzdem eine spannende Story. Sie ist sehr schön gezeichnet und bietet eine zwar nicht vollkommen innovative Idee, aber doch mit einem einigermaßen überraschendem Finale eine unterhaltsame Lektüre!

In über 20 Bonusseiten sind Skizzen und Zeichenstudien enthalten.

Autor: Rolf Pressburger