News - Rezensionen


23.10.2019
Dantes Verlag

Narben

Narben

Warren Ellis ist unter anderem durch seine Arbeiten an Superheldencomics bekannt. Er schrieb Szenarien für sehr viele Serien und legte immer wieder mal einen Einzelband vor, wie diesen hier. Jacen Burrows ist ein Zeichner, der für realistisch detailgenauen Bilder steht.

Der Cop John Caine ist in seinem Job einiges gewöhnt. Eine Massenschießerei scheint ihn nicht besonders zu berühren. Aber da ist noch ein besonderer Fall, der in ihm beinahe Besessenheit auslöst: Ein zerstückeltes kleines Mädchen, das in drei Kartons deponiert ist. Sein übereifriges Engagement um den Täter zu finden scheint aufgrund eigener seelischer Narben in der Vergangenheit zu liegen. Er freundet sich mit einer Kriminalmedizinerin an, die dieses Verbrechen ebenfalls sehr mitnimmt. Obwohl er einen Partner hat, ermittelt er zunehmend auf eigene Faust. Im Laufe dieser Arbeit erwächst der Verdacht in ihm, den Täter zu kennen. Sich das Rauchen abgewöhnend schnorrt er sich immer wieder Zigaretten, kann kaum seine Aggression gegenüber anderen Menschen beherrschen und fasst schlussendlich eigenmächtig einen perfiden Plan.
Die schwarz-weiß Zeichnungen mit feinen Grauabstufungen und feinem Strich werden dem Thema mehr als gerecht; einerseits wegen der düsteren Stimmung in diesem Thriller, andererseits wegen der gesetzlichen Grauzonen, in denen sich Leutnant Caine bewegt.
Auch wenn im Begleittext auf der Rückseite des Comics in gewisser Weise von einem Monster die Rede ist - es ist keine Horrorgeschichte. Er ist nicht mal besonders gruselig in Wort und Bild. Das Verstörende steckt wie so oft im Menschen selbst! Zwar sind ein paar grausige Szenen mit Leichenteilen und blutigen Faustkämpfen zu sehen, doch das war 's dann auch damit. Das Augenmerk liegt in der Charakterisierung des immer noch seelisch aufgewühlten Cops und der daraus entstehenden unnachgiebigen Ermittlungsarbeit. Fast minutiös tastet er sich voran, um Beweise für seinen Verdacht zu finden. Ein Hinweis auf die Vergangenheit seines mutmaßlichen Täters führt in näher heran!
Kleines Manko - diese Geschichte gibt es so oder so ähnlich schon ein paar Mal. Doch wer solche Storys mag, angeschlagener Cop jagt hinterlistigen Mörder, der ist hier gut unterhalten.
Vor jedem der sechs Kapiteln schrieben Ellis oder befreundete Comicautoren „Zwischenwörter“, Erläuterungen zum Thema Horror und Grauen im Alltag.
Ein durchaus spannender Thriller ja; ungenießbar unappetitlicher Horror, nein! Sehr gut zeichnerisch umgesetzt. Ein Fall in dem wieder mal die Untiefen des Unmenschlichen in vordergründig heiler Menschlichkeit schonungslos zutage gebracht werden.

Narben

Text: Warren Ellis, Zeichnungen: Jacen Burrows
164 Seiten
Dantes Verlag
17,00 Euro

Autor: Rolf Pressburger