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15.10.2021
Splitter

Die Zeit der Wilden

Die Zeit der Wilden

Wolfsmenschen. Ein Horrorcomic? Mitnichten. Eine Story, die zwar ihresgleichen sucht, die aber  mit unüblichen Elementen angereichert ist. Der Künstler Sèbastien Goethals adaptierte hier einen Roman von Thomas Gunzig.

Die Mutter von vier gruselig aussehenden Männern wird getötet; es war kein Mord, eher ein Unfall. Sie beschließen, sie zu rächen und die Verantwortlichen umzubringen. Es sind die vier Verbrecher, die just zum Zeitpunkt des Todes ihrer Mutter einen Geldtransporter überfallen haben. Zur gleichen Zeit deckte ein Detektiv ein fadenscheiniges Motiv auf, das ihre Entlassung als Kassiererin zur Folge hatte. Dieser junge und verängstigte Mann lebt mit einer karrieregeilen Zicke zusammen. Die Söhne überfallen die zwei, doch können sie sie zunächst nicht erledigen. Die Zicke hat ein Geheimnis, das in ihren Genen liegt; ebenso die Brüder und noch eine Lady, die im Laufe der Geschichte einen romantischen Part einnimmt. Und diese Geschichte ist äußerst ungewöhnlich!
In einer Art Version „Auf der Flucht“ biegt die Handlung ins Finale ein. Mitten in einer schneebedeckten Wildnis scheint die endgültige Abrechnung in der Luft zu liegen ...

Was zunächst wie ein Thriller daherkommt ist durchmischt mit Sozialkritik, einer Prise Drama,  Kapitalismusphilosophie und einer klitzekleinen Portion Fantasy. Die Figuren haben markante Charaktereigenschaften und Charisma. Familienstreitigkeiten und Konflikte in Gewissensfragen sind psychologische Aspekte der Geschichte. Die Handlung enthält sehr viele Wendungen und immer wieder neue Gesichtspunkte. Zwischenhandlungen zeigen ein wirtschaftliches System der Ausbeutung und der rücksichtslosen Vorantreibung von institutionellen Interessen. Doch in der Hauptsache ist es ein sehr gut erzählter Thriller. Die Beweggründe sind Rache und Flucht. Alles in einem Konzept erzählt, das sehr gut durchdacht und niemals langatmig daherkommt. Wie in so manchem guten Thriller zu erwarten, sind hier sogar zwei Romanzen mit eingebaut. Doch kommt es tatsächlich zu einem Happy End?

Die Zeichnungen zeigen nicht nur das Nötigste, sie sind sehr gut und abwechslungsreich.  Dagegen ist die Farbgebung blass, absichtlich nur in einer Farbe gehalten. Pastellflächen wechseln die Nuancen je nach Szene.                                                         Die Adaption überzeugt mit stringenter Handlung und sehr gut herausgearbeiteten und aufgeführten Nebenepisoden. Sie ist eher nicht entsprechend einer klassischen Thrillerschablone konzipiert.
Ein sehr spannender, interessanter und durchweg unterhaltender Comic im umfangreichen Splitter-Book Format.

Die Zeit der Wilden
Text und Zeichnungen: Sèbastien Goethals
272 Seiten
Splitter
39,80 Euro

Autor: Rolf Pressburger