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19.10.2022
All Verlag

Nur noch Stille

Nur noch Stille

Dieser Comic ist eine Adaption des preisgekrönten Romans von R.J. Ellory. Fabrice Colin und Richard Guérineau machten daraus eine Graphic Novel.

Zu Beginn der 1940 Jahre beginnen mysteriöse und grausame Morde an Kindern. Joseph und Freunde bilden in ihrem kleine Örtchen eine Jugendclique, die schwört, die Mädchen in ihrer Umgebung zu schützen. Doch obwohl sie nachts durch die Straßen patrouillieren gelingt das nicht. Immer mehr Tote und aufs grausamste verstümmelte Leichen werden gefunden. Joseph wird zunehmend deprimierter. Seine Mutter zerbricht an den Verbrechen und kommt in die Psychiatrie. Er selbst verliebt sich in seine einstige Lehrerin und sie heiraten. Doch auch sie wird ermordet. Er kommt in den Knast und wird ein Jahrzehnt später frei gesprochen. Wieder in Freiheit lernt er eine junge Frau kennen, die mysteriöserweise ebenso ermordet wird. Er sinniert verzweifelt darüber und fragt sich auch, was seine Mutter darüber weiß und ob sie was damit zu tun hat.

Joseph erzählt aus seiner Warte die ganz Geschichte. Er ist der tragische Held und Leidtragende von Geschehnissen, die an seinem Selbstwert nagen und ihn in Zweifel vor sich hertreiben. Als begabter junger Autor schreibt er auch im Gefängnis weiter und am Ende wird sein autobiografischer Roman ein Erfolg. Sein Leben hindurch fühlt er sich schuldig an den Morden und nur kurze Zeiten geben ihm sinnliche Geborgenheit und ein gewisses Maß an Zufriedenheit.

Diese Kriminalstory ist ein literarisches Highlight. Der rote Faden ist die unaufhörliche Mordrate und die Entwicklung eines Jungen zu einem Mann, der Antworten sucht und lange Zeit daran scheitert. Die Charakterisierung ist sehr gelungen. Man fühlt sich in das dramatische Gefühlsleben mit einbezogen und fühlt mit den düsteren Erfahrungen mit. Die historischen Hintergründe des ländlichen Lebens während des 2. Weltkrieges und danach sind hervorragend aufgezeigt. Sowohl gesellschaftlich, politisch als auch visuell auf den sepia dominierten Seiten. Die Zeichnungen sind detailgetreu und realistisch.

Eine außergewöhnlich anspruchsvolle Geschichte im Comicformat. Ein historischer Roman mit düsterem Touch eines mysteriösen Kriminalfalles. Lesenswert erzählt und aufbereitet. Abwechslungsreich, sehr spannend und mit einem Täter, den der Leser bis zur Aufklärung wohl kaum in Betracht zieht.

Nur noch Stille
Text: Fabrice Colin, Zeichungen: Richard Guérineau
108 Seiten
All Verlag
19,80 Euro

Autor: Rolf Pressburger