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20.01.2020
avant-verlag

Der Verbannte

Der Verbannte

Autor und Zeichner dieser eindrucksvollen Graphic-Novel ist Erik Kriek, ein niederländischer Comic-Künstler mit Auszeichnungen in seinem Heimatland. Um dieses Abenteuer der damaligen Zeit entsprechend zu gestalten, recherchierte Kriek in vielen Büchern jener Ära.

Die allein mit ihrem Jungen und einem alten Knecht lebende Solveig bekommt wiederholt einen Heiratsantrag vom zwielichtigen Einar, doch wiederholt erbittet sie sich eher desinteressiert um Bedenkzeit, was Einar gar nicht gefällt. Ihr Sohn Ottar entdeckte kurz zuvor bei einer Suche nach Essbarem in den nahen eigenen Wäldern, dass Bäume gefällt wurden. Gleichzeitig erreicht eine kleine Schar aus drei Kriegern die nahegelegene Küste. Darunter Hallstein, der verbannte ältere Halbbruder von Ottar, Stiefsohn von Solveig. Als  Cormac, der Knecht losgeschickt wird, um deshalb Hilfe bei der etwas entfernt wohnenden Familie von Solveig zu erbitten, gerät er in eine Intrige und wird mit einem Speer rücklings niedergestreckt. Hallstein möchte hier sein Erbe beanspruchen. Er hat eine schreckliche Vergangenheit und wird deshalb immer wieder von alten Geistern heimgesucht. Derweil verbreitet sich die Kunde von seiner Rückkehr, die nirgendwo Begeisterung auslöst.
Diese Geschichte spielt in Island um die Zeit der Christianisierung. Sie ist hervorragend erzählt und eindrucksvoll gezeichnet. Die historischen Hintergründe sind authentisch, wenngleich die Story reine Fiktion ist. Sie startet mit der Handlung einer sich anbahnenden spannenden Erzählung. Eine ruhige alltägliche Situation in der von Bergen und Tälern zerklüfteten Umgebung entwickelt sich zu einem verzweigten Abenteuer. Die Protagonisten sind hervorragend charakterisiert und wie sie in so einer Geschichte erwartet werden: Mannhafte Wikinger und stolze Frauen. Dazu ein Junge, der sich endlich als Mann beweisen möchte, Intrigen, Schwertkämpfe und eine alte Hexe. Die Story schreitet geradlinig voran, sie ist mit Spannungsbögen konzipiert und sehr facettenreich in ihrer Struktur. Die Zeichnungen haben Klasse! Zwar nur in schwarz-weiß mit Blautönungen, aber detailreich. Der Eindruck von Räumlichkeit wird durch die meisterhafte Verwendung von Licht und Schatten erreicht. Die Landschaft wirkt kalt und rau, teils majestätisch in Großansichten; auch die Schiffe, Kleidung, Waffen und Gebäude realistisch konkret. Die Szenen, in der Hallstein Thordsson in Träumen und Erinnerungen an seine schreckliche Vergangenheit zurückgeht, bzw. sie ihn heimsuchen, sind zusätzlich mit roter Farbe dramatisch unterstützt.
Ein tolle Wikingerstory, ansprechend und wendungsreich erzählt, kaum voraussehbar, graphisch sehenswert in Szene gesetzt und deshalb sehr unterhaltend!
Ein kleines Glossar mit Übersetzungen von einheimischem Sprachgebrauch als Zugabe liest sich sehr nett.

Der Verbannte
Text und Zeichnungen: Erik Kriek
192 Seiten
avant-verlag
25,00 Euro

Autor: Rolf Pressburger